Apfelwein in Frankfurter Chroniken

Apfelwein in Frankfurter Chroniken


Das der Apfelwein in Frankfurt eine lange Tradition hat, ist unstrittig. Um so spannender ist ein Blick in alte Stadt- und Stadtteilchroniken, Kirchenbücher und andere Aufzeichnungen des 17. bis 20. Jahrhunderts.

Bereits in Jahr 1384 beschreibt der katalanische Franziskanermönch Francesc Eiximenis in einem seiner Werke die Trinksitten europäischer Völker und behauptet, dass die Deutschen und Engländer überhaupt keinen Wein (aus Trauben) tränken, sondern Bier, Apfelwein, Met und andere Alkoholika bevorzugen. Dabei ginge es schon am frühen Morgen, noch vor dem Frühstück, mit dem Trinken großer Mengen los.

Nun ja…


1638Der Rat der Stadt beschließt erstmals ein Regelwerk für die Herstellung von Apfelwein.
1641Der „Burgermeistere und Rath dieser des heiligen Reichs Freyen Stadt Franckfurt am Mayn“ ordnet eine Steuer auf Wein, auch solchem aus Äpfeln, an. Die sogenannten „Verzapfstellen“ waren durch Heraushängen eines Fichtenkranzes mit einem Apfel in der Mitte kenntlich zu machen.
1713In der Stadt und im Umland wütet die Pest.
Dessen ungeachtet beklagen sich die Bierbrauer über die stetig steigende Zahl der Bauern, die in ihren Heckenwirtschaften Apfelwein ausschenken.
1747In Frankfurt werden folgende gute Gasthäuser erwähnt:
Zum schwarzen Adler (Fahrgasse)
Zum goldenen Apfel (Goldene Apfelgasse)
Zum schwarzen Bock (Hauptwache)
Zum Bockshorn (Fahrgasse)
Zur Stadt Cassel und Zur Reichskrone (Friedberger Gasse, später Grosse Friedberger Strasse 7 / 2021 Baustelle dm-Markt)
Zur Stadt Darmstadt (Fischergasse)
Zum goldenen Engel (Töngesgasse)
Zur goldenen Gans (Zeil)
Zum Gerst (Fahrgasse)
Zum goldenen Hirsch (Friedberger Gasse)
Zum Hirsch
Hainer Hof
Zum goldenen Löwen (Fahrgasse)
Zum roten Männlein und Zur Stadt Mainz (Mainzer Gasse)
Zum Maulbeer Hof (Hasengasse 9)
Zum Nürnberger Hof (2016 Braubachstrasse 24)

Darüber hinaus gilt das Palais Thurn und Taxis (Große Eschenheimer Strasse 10) als erste Adresse und Freizettreffpunkt für Adelige und die ‚bessere Gesellschaft‘.

Während sich die ‚Feinen Herrschaften‘ Wein und Sekt schmecken lassen, begnügen sich die einfachen Leute mit deutlich preiswerteren Getränken wie Bier oder eben Apfelwein. In den Kaffeehäusern liegen kostenlose Tageszeitungen zum Lesen bereit.
1754Da der Weinanbau in der Region stark nachgelassen hat erteilt der Rat der Stadt Frankfurt dem Gärtner J.K. Werner eine Schankerlaubnis für Apfelwein. Das Reichweinamt überwacht den sogenannten ‚Straßenzapf‘ unter dem Zeichen des Grünen Kranzes.

Mangels Kelter wurden die Äpfel kurzerhand im Kuhtrog gestampft.
1790Der Chronist erwähnt, dass die damals bereits 70-Jährige Henriette Amalie Prinzessin von Anhalt-Dessau (1720 – 1793) auf den Ländereien rund um ihr Schloss im Dorf Bockenheim noch immer Landwirtschaft, sowie eine Apfelweinkelterei unterhält.

Die Prizessin wurde als 21-Jährige nach der Geburt eines unehelichen Sohns von ihrem Vater Leopold I vom Hof Anhalt verbannt und verbrachte zunächst einige Jahre zwangsweise in einem Damenstift, bevor sie 1793 das Anwesen in Bockenheim erwarb. Dort brachte Sie auch Ihre Bildersammlung von mehr als 600 holländischen, flämischen und deutschen Meistern unter.

Bockenheim gehörte damals noch zur Grafschaft Hanau. Im Laufe der Jahre ließ Henriette Amalie das bestehende Herrenhaus zu einem kleinen Schloss ausbauen, erwarb die umliegenden Ländereien, auf denen sie sehr erfolgreiche landwirtschaftliche Betriebe (Obst- und Gemüse-Anbau, Viehzucht, Weinanbau und die bereits erwähnte Apfelwein-Kelterei) errichtete. Auf rund 1,5 ha entstand außerdem der noch heute existierende Von-Bernus-Park (Schloßstraße).
1796Die Prostitution ist ein florierendes Gewerbe in der Stadt. Der Fischer Schenk (Rittergasse), das Gasthaus Zum Schwarzen Bären, sowie des Etablissement des Bendermeisters Seyfried (Breite Gasse) sind bekannte und beliebte Adressen.

Den regen Publikumsverkehr in der Breite Gasse nutzt der Taglöhner Wolfmüller für sich, indem er im Herbst Apfelwein auf der Straße verkauft.
1809Der Wirt J. Rüssmann übernimmt das Gasthaus ‚Zum Rebstock‘. Er wirbt mit seine guten Speisen, billigem Wein und sehr gutem Apfelwein. Die Gäste können sich außerdem die Zeit beim Billard vertreiben.
1815Die ‚Friedberger Warte‘ wird zum Apfelweinlokal umfunktioniert.

Die Warte entstand 1478 auf dem ‚Eulenberg‘, dem höchsten Punkt Bornheims. Sie ersetzte einen alten Wehrturm aus dem Jahr 1350 und war die letzte der nun vier Wachtürme der Frankfurter Landwehr. Im schmalkaldischen Krieg wehrten die Frankfurter hier im Jahr 1546 kaiserliche Truppen ab. Nach einem Brand im Jahr 1634 wurde sie 1637 wieder aufgebaut, verlor aber mit dem Abbau der Landwehr Ende des 18. Jahrhunderts an Bedeutung. Ihr Turm diente ab 1855 nur noch als Belüftungsschacht der Kanalisation.   
1817Die Gebrüder Freyeisen gründen in Sachsenhausen die ‚Erste Frankfurter Aepfelweinkelterei‘.
1821In der Bergerstrasse 326 (Bornheim) wird die das Apfelweinlokal mit Kelterei ‚Pfannkuchen-Hofmann‘ gegründet. Seinen Namen verdankt das Lokal den üppigen Eierpfannkuchen, mit denen sich eine vortreffliche Grundlage für ausufernde Zechgelage schaffen ließ.
1849Auf nicht näher bezeichnete literarische Andeutungen hin nimmt die Frankfurter Gaststätte ‚Zum Puppendschränkchen‘ für sich in Anspruch, Goethes Gretchen sei dort einst Kellnerin gewesen.

An der Hauswand prangte seither der Spruch „Zum Goethe-Feste lad ich ein, auch er trank hier einst Aepfelwein“.
 
Während man in Frankfurt mit Apfelwein auf Goethe anstößt, grassiert im benachbarten Mainz die Cholera…
1850Der Gärtner Schneider, seines Zeichens Neumitglied der Gärtnerinnung, verdingt sich als ‚Straußenwirtschafter‘. In seinem ‚Lieber Alter‘ genannten Hof und der eigens ausgeräumten Stube ist ihm für längstens 6 Wochen der Ausschank von ausschließlich aus eigenen Äpfeln selbst gekeltertem Apfelwein gestattet.

Natürlich unter dem bereits bekannten Grünen Kranz. Denn schon damals galt „Wo’s Kränzje hängt, werd ausgeschenkt!“  
1850In der Bornheimer Spillingsgasse gründet Johann Georg Rackles seine „Aepfelwein-Dampfkelterei und Versand-Geschäft“. Aus bescheidenen Anfängen entwickelte sich im Lauf der Jahre ein Großbetrieb, der weltbekannt wurde.
1851Nur ein Jahr nach seinem Bruder Johann Georg gründete Adam Rackles seine „Aepfelwein-Dampfkelterei“ in dessen unmittelbarer Nachbarschaft (Bergerstraße 265) zog später jedoch in die Fallthorstraße 11 um.

Sein Apfelwein muss derart vorzüglich gewesen sein, dass Adam Rackles noch im Jar der Firmengründung zum Hoflieferant ernannt wird.
1852Im Gasthaus ‚Bamberger Hof‘ (Kelsterbacher Straße 14, F-Niederrad) kann man regelmäßig den damals 37-Jährigen preußischen Bundestagsgesandten Otto von Bismarck antreffen, wie er im schönen Biergarten dem Apfelwein zuspricht.
1854Wieder einmal sehen die Stadtoberen Veranlassung, eine Verordnung zu erlassen. So wird es den Bier- und Apfelweinlokale fortan verboten, vor 15:00 Uhr zu öffnen.  An Sonn- und feiertagen darf nicht geöffnet werden. 
1857Die Tageszeitung ‚Frankfurter Nachrichten‘ nimmt sich des „schamlosen“ Gebarens der Gaststätte ‚Zum Puppendschränkchen‘ an, die schon jahrelang behauptet, Goethes Gretchen habe sich dort als Kellnerin verdingt.
1858Dem Bornheimer Apfelweinkelterer Georg Rackles II wird vom Landamt die Konzession für eine Äpfelweinwirtschaft in einem alten Häuschen in der Löbersgasse verweigert.
1859In Frankfurt testet der aus Berlin angereiste Sohn des Berliner ‚Aepfelweindoctors‘ Petsch sein Frankfurter Apfelweinlager und transportiert einen Großteil nach Berlin ab. Er verkauft nicht alleine „ächten Frankfurter Aepfelwein bester Qualität“ als Heilmittel.

Sein ursprünglicher Plan, in Frankfurt eine Filiale seiner Berliner Apfelwein-Kurnstalt zu eröffnen, scheitert am Widerstand der Einheimischen.
1859In Deutschland sinkt der Preis von Wein erstmals unter den von Aepfelwein. Frankfurter Aepfelwein wird teurer. Ein Ohm (in Frankfurt 143,42 Liter) kostet 20 – 24 Gulden, ebenso viel wie der 58er Vorjahrswein.
Der Konsum von Wein fängt an, den nationalen Aepfelwein zu verdrängen.
Hier geht´s bald weiter…

In Arbeit!


Dieser Artikel stellt den aktuellen Stand der Recherche dar und wird überarbeitet, sobald sich neue Erkenntnisse ergeben. Letztes Update: 26.05.2022

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