Otto Höpfner – Bembel

Otto Höpfner – Bembel


Manchmal muss ich als Bembelsammler echt an mich halten, um nicht aus der Haut zu fahren. Aber der Reihe nach…
Da stöbert man beim Frühstück gut gelaunt durch die Bembel-Angebote bei ebay und dann findet man sowas hier: Einen Billig-Bembel zu einem völlig abgehobenen Preis.

Also mal ganz abgesehen davon, dass der Bembel nicht blau ist, der Preis ist doch wohl ein schlechter Scherz. Durch was sollen 199,00 Euro gerechtfertigt sein? Der (offensichtlich gewerbliche) Verkäufer geht hierauf in der praktisch nicht vorhandenen Beschreibung nicht weiter ein. „Blauer Bembel 1978 Neuwertig“ – fertig, aus.

Ich vermute daher, dass der Name „Otto Höpfner“ und die folgende Signatur auf der Unterseite das Zugpferd sein sollen:

„Herzlichst Ihr Otto Höpfner“, dazu das Datum 9.1.78

Äh…ja, und?

Zum Verständnis:

Otto Höpfner moderierte zwischen August 1957 und Dezember 1965 insgesamt 74 Folgen der beliebten Fernsehshow „Zum Blauen Bock“ des Hessischen Rundfunks, bevor er die Zusammenarbeit wegen Streitigkeiten um seine Gage bendete und zunächst zum WDR, später dann zum ZDF wechselte. Dort versuchte er ab 1967 erfolglos, mit einem ähnlichen Showformat namens „Stelldichein beim Wein“ Fuß zu fassen. 1969, nach nur 13 Sendungen, war Schluss, Otto Höpfner wurde entlassen und beendete seine Fernsehkarriere. Danach arbeitete er als Conférencier bei Modenschauen, trat bei Volksfesten, Kaffeefahrten und Betriebsfeiern auf, machte Kabarett und spielte Theater. 1972 moderierte er die Mainzer Fernsehfastnachtssitzung, allerdings ebenfalls erfolglos.

Die zeitliche Diskrepanz:

In der Sendung „Zum Blauen Bock“ wurden Bembel als Gastgeschenke an die auftretenden Künstler und Ehrengäste vereilt. Kurioser Weise wurde der hier angebotene Bembel aber rund 13 Jahre nach Höpfners Ausscheiden beim HR signiert. Noch komischer wird es, wenn man weiß, dass ähnliche Bembel auch mit der zusätzlichen Aufschrift „Blauer Bock“ existieren. Allein in meiner Sammlung befinden sich zwei dieser mysteriösen  Exemplare, die 1980 von Höpfner signiert wurden.

Da ich die entsprechenden Online-Plattformen regelmäßig durchforste, kann ich sagen, dass diese „Höpfner-Bembel“ immer wieder auftauchen. Es scheint sie also in recht großer Menge zu geben. Auffällig dabei ist, dass ich bislang noch kein Exemplar gefunden habe, bei dem die Signatur zeitlich zu Höpfers Moderatorenkarriere beim „Blauen Bock“ oder „Stelldichein beim Wein“ passt.

Zum Bembel selbst:

Also mal ganz ehrlich, bei den Höpfner-Bembeln handelt es sich meines Erachtens um minderwertige Fabrikware, mutmaßlich aus China. Die Dinger sind nicht getöpfert, sondern in einer Form gegossen. Das lässt sich bei einem Blick ins Innere unschwer am konkaven, nahtlosen Henkelansatz erkennen. Sie sind recht dünnwandig, vergleichweise leicht und haben beim Anschlagen einen porzelanartigen Klang.

Ein traditionell handwerklich getöpferter Bembel ist hingegen deutlich dickwandiger, schwerer und klingt eher dumpf. Außerdem ist der Henkelansatz von innen nicht sichtbar, da der Henkel in einem separaten Arbeitsschritt von außen angesetzt wird.    

Auch wenn das Archiv des Hessischen Rundfunks mir bei der Recherche zur Geschichte der Bembel keine große – genauer gesagt: überhaupt keine – Hilfe war, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass in der Sendung solcher Billigmist verteilt wurde.

Aber…:

Fairerweise möchte ich an dieser Stelle noch einführen, dass es ähliche Bembel auch von Heinz Schenk gab. Ein solches Exemplar zeige ich hier. Leider ist das handschriftliche Original-Autogramm nicht datiert.

Zusammengefasst:

Mangels anderer Hinweise bleibt mir als Fazit nur die Vermutung, dass die von Höpfner lange nach Ende seiner Fernsehkarriere signierten Bembel möglicherweise sogar von ihm selbst als Merchandising-Artikel produziert wurden. Offenbar als Versuch, nachträglich im Licht längst vergangener Erfolge beim „Blauen Bock“ zu glänzen.

Wie gesagt, das ist nur eine Vermutung. Sollte jemand andere, belegbare Fakten kennen, dann immer her damit. Ich lerne gerne dazu und bin jederzeit bereit, meine Meinung zu revidieren.

Bis zum Beweis des Gegenteils halte ich preislich derart überzogene Angebote schlicht und ergreifend für unseriös. Mehr als 20 Euro sind diese Bembel beim besten Willen nicht wert.

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